Die gesamte palästinensische Bevölkerung Israels ist über Nacht verschwunden. Busse fahren nicht, Läden und Restaurants bleiben geschlossen, in der Blumenplantage vertrocknen die Pflanzen, weil die Arbeiterinnen aus dem Westjordanland nicht gekommen sind, Patienten warten vergeblich auf den Arzt, der die Operation durchführen soll, werden immer wieder vertröstet, man wisse noch nicht, was vorgefallen sei, er werde schon noch kommen. Aber niemand kommt. Die Palästinenser sind verschwunden – alle.
Ariel, der in Tel Aviv als Journalist für eine amerikanische Zeitung schreibt, versucht an Informationen zu gelangen. Handelt es sich um eine Geheimaktion der israelischen Armee, ist es eine großangelegte Verschwörung der PLO, oder steckt etwas ganz anderes dahinter? Die wildesten Spekulationen breiten sich aus. Auch Ariels Nachbar Alaa, der als Kameramann arbeitet und eine Etage über ihm wohnt – beide haben sich erst vor kurzem auf einer Party kennengelernt – ist verschwunden.
Aus Sorge um seinen Freund verschafft sich Ariel mit einem Zweitschlüssel, den ihm Alaa anvertraut hat, Zutritt zu dessen Wohnung. Alaa ist nicht dort, und auch in dem roten Tagebuch, das er immer mit sich getragen hat, findet sich keine Erklärung für das Verschwinden. Beim lesen taucht Ariel immer tiefer in das Leben seines Freundes ein, lernt ihn und seine Familie kennen und verstehen und beginnt zu begreifen, was es bedeutet, als Palästinenser in Israel zu leben.
Die palästinenschische Autorin und Journalistin Ibtisam Azem, die heute in New York lebt und arbeitet, rührt mit ihrem höchst lesenswerten Roman an die Frage, inwieweit das Verschwinden der Palästinenser, das in diesem Roman Fiktion bleibt, bereits von der Wirklichkeit eingeholt worden ist. Sie hat ein eindringliches Plädoyer für ein friedliches Zusammenleben im Nahen Osten und mit der Figur von Alaas Großmutter Tata einen großartigen Charakter geschaffen.